Kreiszeitung, 24.08.2020

Begeisterten das Publikum in Dötlingen:

die Sopranistin Katharina Konradi mit ihrem Mann Roland Vieweg.

 

 

Dötlingen – Es ist eine atemberaubende Aussicht – von Detlef Knechtels Anwesen in Dötlingen. Am Fuße der „Goldberge“ schlängelt sich die Hunte durch ihr Tal, umringt von Wiesen und Feldern. Diese Szenerie bildete am Samstag die Kulisse für das „Sommerkonzert auf dem Lerchenstieg“. Ganz so idyllisch begann es allerdings nicht, denn der Regen prasselte heftig auf das Zeltdach, das 150 Gästen Schutz vor einem kräftigen Schauer bot. Die Seitenwände des Zeltes waren weitestgehend offengeblieben. Ein Zugeständnis an das Coronavirus, das in der ersten Jahreshälfte das kulturelle Leben vollständig zum Erliegen gebracht hatte.

 

Knechtel und seine „bessere Hälfte“ Katharina Sommer hatten gemeinsam mit der Dötlingen Stiftung zu dem Konzert eingeladen, nachdem das Künstlerpaar Katharina Konradi und Roland Vieweg die Idee zu dieser Veranstaltung geliefert hatte. Die Neu-Dötlinger wollten sich dem Dorf musikalisch vorstellen. Der Vorschlag war bei Gerti Essing aus dem Stiftungsvorstand auf offene Ohren gestoßen. Gemeinsam entwickelten die Veranstalter ein Programm, das ausschließlich von Dötlinger Künstlern gestaltet wurde – und zwar in einem Ambiente, das den Vergleich mit großen Musikfestivals nicht zu scheuen brauchte. Angefangen von der gehobenen Ausstattung des Zeltes über die Dekoration bis hin zur Veranstaltungstechnik war alles vom Feinsten. Auf dem Gelände waren etliche Stehtische, vornehm in weiße Hussen gekleidet, verteilt. Der gesamte Bereich wurde in dezentes Licht getaucht.

 

Passend zur Flusslandschaft schmetterte zum Auftakt der Sänger und Schauspieler Christian Bormann die Weise „Weile an dieser Quelle“ ins Publikum, bevor Sommer als Gastgeberin und Essing Grußworte an die Zuhörer richteten.

 

Das Programm führte durch mehrere Musikepochen. An der Schwelle des 19. Jahrhunderts komponierte beispielsweise der russische Pianist Alexander Nikolajewitsch Skrjabin. Mit dessen Mazurka in Gis-Moll sowie der Etüde in Cis-Moll für Klavier eröffnete Isabel Büdeker ihren Vortrag am Klavier, um anschließend bei Franz Liszts Sposalizio ausgebremst zu werden. Moderatorin Dette Zingler brach den Vortrag ab. Eine richtige Entscheidung. Denn ein Schauer prasselte dermaßen auf das Zeltdach, dass eine Fortsetzung eine Zumutung sowohl für die Künstlerin als auch für das Publikum gewesen wäre.

 

Kurzerhand servierte der Service einen Imbiss, der eigentlich für die große Pause vorgesehen war. Weil der Wolkenguss partout nicht enden wollte, wurde die Zwangspause zusätzlich mit einer Suppe versüßt. Auch wenn eine derartige Unterbrechung für eine Künstlerin belastend sein kann, brachte Büdeker ihren Part souverän mit Liszts unvollendetem Werk und Claude Debussys „Arabesque Nr. 1“ zu Ende.

 

Von „Zwei Märchenaugen“ träumte anschließend der Tenor Bormann. Auf seinem Ausflug in die Welt der Operette, der mit dem Lied aus Emmerich Kálmáns Werk „Die Zirkusprinzessin“ begann, begleitete ihn Vieweg am Klavier. Mit der Leichtigkeit seiner Stimme begeisterte Bormann mit weiteren Titeln aus dem Genre der sogenannten leichten Muse wie „Dein ist mein ganzes Herz“ (Franz Lehar) und „Ob blond, ob braun“ (Robert Stolz) das Publikum.

 

Im zweiten Teil des Programms glänzten die beiden bei „Jugend musiziert“ ausgezeichneten Flötistinnen Joyce Huntemann und Jule Heimkamp. Sie überzeugten mit dem elisabethanischen Madrigal „Miraculous Loves Wounding“ von Thomas Morley sowie der Kanonischen Sonate in C-Dur von Georg Philipp Telemann.

 

Bewegte sich das ganze Konzert ohnehin schon auf einem musikalisch hohen Niveau, folgte mit den drei Werken „Heimliche Aufforderung“, „Leises Lied“ sowie „Du meines Herzens Krönelein“ der absolute Höhepunkt des Abends. Sopranistin Katharina Konradi, die sonst auf Bühnen wie der Hamburger Elbphilharmonie steht, brillierte in den anspruchsvollen Kunstliedern des Spätromantikers Richard Strauss mit ihrer wunderbaren, ausdrucksstarken Stimme. Begleitet wurde sie am Klavier von ihrem Mann Vieweg. Das Paar krönte seinen Auftritt mit drei Liedern von Felix Mendelssohn Bartholdy und zwei Werken von Franz Schubert.

 

Insgesamt war es ein Abend, der auf diesem Niveau für diese Region herausragend gewesen sein dürfte. So sah es auch das Publikum; denn nach dem Duett Konradi/Bormann, begleitet von Vieweg, die „Ich tanze mit dir in den Himmel hinein“ vortrugen, wurden die Gäste nicht ohne Zugaben in den Abend entlassen. Gunnar Boyens gefiel vor allem die Programmvielfalt – von „schwerer Kost“ bis hin zu „erfrischenden Stücken“. Besonders hob er die jungen Künstlerinnen Huntemann und Heimkamp hervor. „Es war ein toller Abend“, brachte er es auf den Punkt.

 

Von Holger Rinne

 

Künstler und Gastgeber auf einem Bild vereint: Das Sommerkonzert am Lerchenstieg war ein Ereignis. Darüber freuten sich (hinten, v.l.) Christian Bormann, Joyce Huntemann, Jule Helmkamp, Isabell Büdeker, Katharina Konradi, Roland Vieweg, Dette Zingler, (vorne, v.l.) Thea Freiberg, Harald Meyer, Gerda Tabken, Eckehard Hautau, Katharina Sommer, Walter Ulrich und Gerti Essing

Bild: Peter Kratzmann

NWZ,  24.08.2020